Der Sammlung E. G. Bührle in Zürich wurden gestern per Raubüberfall mehrere Gemälde entwendet. Der Wert der vier Objekte wird auf nicht weniger als 113 Millionen Euro taxiert. Es handelt sich um folgende Gemälde:
Graf Ludovic Lepic und seine Töchter von Edgar Degas. Öl auf Leinwand. 65.5 x 81 cm, entstanden um 1871. Auf der hell grundierten Leinwand zeichnet Degas mit hellem, flüchtigem Pinselstrich, den er überall stehen lässt. Auf dieser Pinselvorzeichnung liegen nur dünne durchscheinende Lasuren, so dass ein fast aquarellartiger Effekt entsteht. Damit die weißen Sonntagskleidchen der kleinen Besucher in ihrer schaumigen Helle zur Wirkung kommen, werden die Kinder schnell vor die türkisfarbenen Läden auf die Fensterbrüstung gesetzt, indem sie den Vater einrahmen.
Graf Lepic ist nicht der Auftraggeber, sondern der Freund und Bildhauer, der mit den Impressionisten ausstellte. Es ist kein Bild, das auf vielfältigen Studien aufgebaut ist, vielmehr ein Bild, das die ganze Frische eines ersten Eindrucks bewahrt, das selbst Studie ist.
Blühende Kastanienzweige von Vincent van Gogh. Öl auf Leinwand, 72.5 x 91 cm, entstanden 1890 in Auvers-sur-Oise. Die Provence hatte van Goghs Hoffnungen nicht erfüllt, sondern Enttäuschungen und Krankheit gebracht. Seit Februar 1890 bewegen den Maler in Saint-Rémy Pläne, nach dem heimatlicheren Norden zurückzukehren, wohl ahnend, dass es seine letzte Station sein wird. Der stets hilfsbereite Bruder Theo empfiehlt ihn an Dr. Paul Gachet, den Arzt und Freund der Maler in Auvers-sur-Oise. Nach einem kurzen Aufenthalt in Paris traf er dort am 21. Mai ein.
Die Kastanienbäume an der Straße stehen gerade in Blüte. Er malt die alten Bäume mit ihren prangenden Blütenkerzen, und er bricht die Zweige, um sie in einer nur angedeuteten Vase zusammen mit Rhododendron zu malen. Das Erlebnis japanischer Kunst ist auch in diesem Bilde spürbar, zumal der Künstler, alles Gegenständliche vermeidend, die Blütenzweige auf einen blaugrünen, vibrierend strukturierten Grund setzt.
Mohnfeld bei Vetheuil von Claude Monet. Öl auf Leinwand. 71.5 x 90.5 cm, entstanden um 1880. Das Gemälde umfasst die eigentliche Geburt des Impressionismus, dem Monet mit seinem Bildtitel „Impression, soleil levant“ auf der ersten Ausstellung der Gruppe 1874 unfreiwillig den Namen gegeben hatte, es hatte zu einer einzigartigen Zusammenarbeit der Künstler im Sommer desselben Jahres in Argenteuil geführt, die den endgültigen Durchbruch der Freilichtmalerei brachte, und führte die Künstler doch immer tiefer in unerträgliche Not.
Dies war nicht zu letzt der Grund, weshalb sich Monet noch mehr von Paris absetzte und sich im Januar 1878 in dem kleinen Vétheuil am rechten Ufer der Seine ansiedelte, um dort bis Ende 1881 zu bleiben. Monet malt das nicht mehr in dem von Manet beeinflussten Stil ruhig lagernder Farbflächen, sondern in einem dichten Gewebe von Farbflecken eines feinen Pinsels, der, das Gegenständliche dem Ganzen einschmelzend, das Atmosphärische zum eigentlichen Bildthema macht.
Der Knabe mit der roten Weste von Paul Cézanne, Öl auf Leinwand. 80 x 64.5 cm, entstanden 1894/95. Das Gemälde huldigt ganz der Farbe. Schon das Kostüm des jungen italienischen Berufsmodells, das Cézanne Anfang der neunziger Jahre viermal gemalt und ein weiteres Mal aquarelliert hatte, mit seiner folkloristischen Kleidung, der roten Weste, dem blauen Halstuch und dem blauen Gürtel fordert dazu heraus. Die von links unten nach rechts oben verlaufenden Diagonalen des geneigten Oberkörpers werden durch die entgegengesetzt verlaufenden Diagonalen der Oberschenkel mit dem darauf liegenden rechten Unterarm und dem stützenden linken Unterarm aufgefangen. So ist die dichte Farbigkeit des ersten Eindrucks in ein straff geregeltes Strukturgefüge sich kreuzender Diagonalen eingebettet, die in der Bildebene verlaufen. Der Kritiker Gustave Geffroy sagte schon 1895 von diesem Bild, es halte den Vergleich mit den schönsten Figurenbildern der Malerei aus.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen