Tatsächlich ist während einer partiellen Sonnenfinsternis zu beobachten, dass diese Sonnentaler sichelförmig werden, also die teilweise verdeckte Sonnenscheibe abbilden. Dieses Phänomen hatte bereits Aristoteles beschrieben. In dem apokryphen Werk Problemata Physica (streng genommen Pseudo-Aristoteles) findet man folgende Beschreibung:
Warum wird jemand, der durch ein Sieb, das Laubwerk einer Platane (…) oder durch die verschränkten Finger zur Zeit einer Sonnenfinsternis zur Sonne blickt, den Sonnenglanz in der Form des nicht vollständigen Mondes wahrnehmen? Deswegen, weil das durch ein eckiges Loch durchfallende Licht nicht eckig ist, sondern das Licht geht rundgeformt und umgekehrt aus der Öffnung hervor. Weil es sich um einen geraden Doppelkegel handelt, den das Licht von der Sonne zum Loch und wieder vom Loch zur Erde bildet, so wird auch bei unvollständiger Form der Sonne das Licht wieder die Figur abbilden, die die Sonne zeigt. Da nun der Sonnenkreis nicht vollständig ist, werden auch die Strahlen entsprechend hervorkommen. Bei kleinen Löchern ist die Erscheinung deutlicher als bei größeren.Dass es sich hierbei um ein Phänomen handelt, mit dem sich mithilfe der Camera Obscura experimentieren lässt, bemerkte Ibn Al Haitham (latinisiert: Alhazen) im 11. Jahrhundert:
Das Bild der Sonne zur Zeit der Verfinsterung, falls sie nicht eine totale ist, zeigt, wenn ihr Licht aus einem engen runden Loche austritt und zu einer dem Loch gegenüberliegenden Ebene gelangt, die Gestalt der Mondsichel (…). Das Bild der Sonne zeigt diese Form nur dann, wenn das Loch sehr eng ist. Wird das Loch größer, so ändert sich das Bild, und die Veränderung wächst mit der zunehmenden Weite. Ist das Loch sehr weit, so verschwindet das sichelförmige Bild, und das Bild auf der Wand wird rund, falls das Loch rund ist, (…) und bei einer beliebigen Gestalt der Öffnung nimmt es die Gestalt desselben an, falls die Wand parallel zu derselben steht.Tatsächlich lässt sich auf diese Weise ein Bild auf die gegenüberliegende Seite des Loches der Lochkamera projizieren. Ein wie von Zauberhand erzeugtes Bild der Welt erschienen noch den Zeitgenossen Roger Bacons als Hexerei. Daher musste er Jahre lang im Gefängnis sitzen, nur seine Beziehungen zu einflussreichen Persönlichkeiten und möglicherweise sein Priesteramt retteten ihn vor Schlimmerem. Die Camera obscura erwähnt er in seinem Buche über die Perspektive von 1267.
Johann Kepler nannte sie in seinem Werk Astronomische Optik von 1604 "Camera clausa", geschlossene Kammer.
Diese Camera Obscura diente vor allem im 18. Jahrhundert vielen Künstlern als Zeichenhilfe. Vor allem Jan Vermeer wird deren Verwendung zugesagt. Der Künstler David Hockney möchte das Prinzip sogar bei zahlreichen früheren Künstlern nachgewiesen haben. Sicher ist, es bestand der Wunsch, das Bild der Camera Obscura festzuhalten. Dazu musste sich nicht nur die Optik, sondern auch die Chemie weiterentwickeln.Da die Kammer verschlossen ist, und kein Strahl weder der Sonne, noch des ganzen Himmels oder vielmehr der weißlich schimmernden Luft die einzelnen Punkte an der Wand mit erhellt, sondern nur jedes Teilchen entsprechend dem ihm gegenüberliegenden Punkt, so wird das Auge die einzelnen Lichter unterscheiden, weil sie von keinem stärkeren beleuchtet werden, zumal wir die übrigen Wände schwarz gemacht haben, damit sie nicht von der zuerst bestrahlten weißen Wand beleuchtet und, wenn sie selbst weiß wären, erhellt würden und ihrerseits wieder die Bilderwand beleuchten und auf diese Weise die von außen kommenden Farben verwirren. (…)
Illustration aus Rainer Gemma Frisius, 1545
Wenn das Loch zu winzig ist, so würden wohl die Dinge bis ins einzelne genau erscheinen, aber die Augen, die an das Sehen im hellen Tageslicht gewöhnt sind, würden sehr lange brauchen, bis sie das fein ausgeführte Bild in dieser schwachen Beleuchtung erkennen. Machte man andererseits das Loch zu groß, so wird das Bild zwar heller und glänzender, aber auch um so roher und verschwommener ausfallen. Deshalb muss das Loch eine bestimmte Größe haben (…). Es ist ferner nützlich, eine Art Schutz gleichsam als Stirnblende außen an dem Loche anzubringen, damit nicht der Himmel oder die Luft mit allzugroßer Helligkeit bestrahle und auf diese Weise das Schwache neben dem Starken verschwinde oder die Luft innen allzu sehr leuchte und dadurch die Farben an der Wand verdünne.
Dass Silbernitrat durch Licht verändert wird, wurde bereits 1614 von Angelo Sala erwähnt. Thomas Wedgewood erhielt mit der Camera Obscura jedoch keine Ergebnisse, weil die Lichtausbeute viel zu gering war, um das Silbernitrat ausreichend zu verändern. Er machte jedoch deutlich, dass das Bild bei weiterer Lichtaussetzung vollständig schwarz wird. Dies wurde schließlich von Niépce, Fox Talbot und Daguerre gelöst und die Fotografie, wie wir sie heute kennen, erfunden. Deren optische Grundprinzip ist das der Camera Obscura, das bereits seit der Antike bekannt war.
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