Montag, Mai 16, 2011

Albrecht Dürers Bildverfahren

Seit Euklid gilt die Erkenntnis, dass sich Lichtstrahlen linear ausbreiten. Mit den Entdeckungen Brunelleschis und Albertis Traktat Della Pitura ist die Licht- und Sehtheorie auf eine Bildtheorie übertragen worden: Ein Bild ist der Schnitt durch die Sehpyramide.
Die bei Alberti nur theoretisch beschriebene Anwendung zur Bildproduktion diskutiert Albrecht Dürer schließlich in seinem Lehrbuch Unterweisung der Messung (1525). Darin finden sich zwei Illustrationen: Die eine stellt das vereinfachte Portraitieren mithilfe einer Glasplatte dar. Die andere wird meist als Vermessung der Laute bezeichnet.
Albrecht Dürer: Der Zeichner der Laute, 1525
Diese bekannte Darstellung zeigt ein vergleichsweise kompliziertes Verfahren, eine perspektivische Projektion eines dreidimensionalen Objekts zu erzeugen. Dazu wird eine Schnur an einer Öse befestigt (rot) und mit einem Gewicht beschwert, um sie gestreckt zu halten. Sie repräsentiert den Licht- oder Sehstrahl (orange). Das andere Ende wird auf einen Punkt am Objekt gehalten. Mithilfe zweier Fäden, die horizontal und vertikal an einem Rahmen gespannt sind, wird der Punkt markiert, an dem die Schnur durch den Rahmen stößt. Nun wird eine Fläche vor den Rahmen geklappt (blau) und der Kreuzungspunkt der Fäden darauf markiert. Dann wird die Fläche wieder aufgeklappt und ein weiterer Punkt markiert etc. Auf diese Weise erhält man eine Punktstruktur, die man mit Linien verbinden und z. B. als Unterzeichnung eines Gemäldes verwenden kann.
Bemerkenswert ist, dass es sich hierbei im Prinzip um dasselbe Verfahren handelt wie beim heutigen Computer-Generated Imagery (CGI) eingesetzten Raytracing. Hierbei wird in Abhängigkeit eines festgelegten Augenpunktes die Farbe für jeden Pixel der Bildebene (=Bildschirm) berechnet. Es handelt sich um ein auf der Aussendung von Strahlen basierender Algorithmus zur Verdeckungsberechnung. Ein Objekt, dass sich aus der Betrachterperspektive aus hinter einem anderen Objekt befindet, erscheint auf diesem Schnitt der Sehpyramide nicht. Dies wird nirgends deutlicher als bei Dürer. Und genau dies hatte bereits auch Euklid beschrieben.
Die heutige Computergraphik, wie sie beispielsweise in jedem Egoshooter zu finden ist, basiert auf den Entwicklung der Zentralperspektive der Renaissance.

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